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Grundsteuer Reform

Da die Ermittlung des Einheitswertes veraltet ist und gegen das Gebot der Gleichbehandlung verstößt, wurde die Erhebung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt (Urteil Bundesverfassungsgericht vom 10.4.2018) und der Bundesrat hat die Gesetzentwürfe zur Reform der Grundsteuer 11/2019 beschlossen. Entsprechend Grundsteuer-Reform soll die Grundsteuer sozial gerechter sein, d.h. sich am tatsächlichen Wert einer Immobile ausrichten. In die Berechnung der Grundsteuer sollen nur noch wenige, vergleichsweise einfach zu ermittelnde Parameter einfließen, wie: Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Gebäudeart, Baujahr und Wohnfläche. Wirksam wird die Reform aber erst nach einer Übergangsfrist ab 2025.
Bis dahin wird die Grundsteuer nach alten Regeln ermittelt und die neuen Bewertungsregeln im Detail erarbeitet.
Die Steuer wird nach der Reform wie bisher in 3 Stufen ermittelt: Grundbesitzwert (bisher Einheitswert) x Hebesatz x Messzahl. Der Grundbesitzwert wird wie bisher durch die Finanzämter ermittelt und Hebesatz und Messzahl wird von den Ländern festgesetzt. Das Steueraufkommen soll insgesamt etwa ausgeglichen (aufkommensneutral) bleiben, aber innerhalb der Grundstücksarten (bebaut, unbebaut, Wohnen, Gewerbe, Landwirtschaft) werden sich Verschiebungen ergeben. D.h. bei höherem Grundbesitzwert soll sich die Grundsteuer über Steuermesszahl für sozialen Wohnungsbau, kommunale Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften verringern, für Eigentumswohnungen in etwa ausgleichen und für Einfamilienhäuser erhöhen.
Auch das Bewertungs- und Grundsteuerrecht bleibt in seiner Grundstruktur erhalten. Um den Aufwand zu mindern, erfolgt die Ermittlung des Grundbesitzwertes durch die Finanzämter nach pauschalisierten Bewertungsmethoden. Dadurch ergeben sich unter Umständen Differenzen zwischen den pauschal ermittelten Grundbesitzwerten und den marktgerecht ermittelten Verkehrswerten. Um Steuerzahler nicht zu benachteiligen, wird wohl die Öffnungsklausel beibehalten, wonach ein Steuerzahler einen niedrigeren Wert nachweisen kann. Hinzu kommt eine weitere Ausnahme (Öffnungsklausel), nach der z.B. Bayern ein anderes pauschales Bewertungsverfahren zur Ermittlung des Grundbesitzwertes anwenden kann.  
Die Bewertung von Wohngrundstücken erfolgt einheitlich im Ertragswertverfahren. Um die Bewertung dieser enormen Anzahl an Grundstücken für alle Beteiligten administrierbar durchführen zu können, werden nicht die tatsächlich vereinbarten Erträge angesetzt, sondern durchschnittlich erzielte monatliche Nettokaltmieten je Quadratmeter Wohnfläche. Es handelt sich daher um ein typisiertes Ertragswertverfahren. Dabei werden zukünftige Erträge mit einem Liegenschaftszinssatz abgezinst, um den gegenwärtigen Ertrags- bzw. Grundbesitzwert zu ermitteln. Mathematisch dasselbe Ergebnis ergibt sich, wenn man den jährlichen Ertrag aus dem Grundstück über die Restnutzungsdauer des Gebäudes mit einem Faktor kapitalisiert und nach Ablauf der Restnutzungsdauer des Gebäudes den verbleibenden Wert des Grund und Bodens abzinst. Die anzusetzende Nettokaltmiete hängt von der Wohnungsgröße und dem Baujahr des Gebäudes sowie vom jeweiligen Bundesland ab, und wird durch sogenannte Mietniveaustufen gemeindebezogen verringert oder erhöht. Je niedriger die Mietniveaustufe, desto geringer ist die anzusetzende Nettokaltmiete einer Gemeinde. Die Nettokaltmieten für das jeweilige Land werden vom BMF aus Daten des Statistischen Bundesamts über Durchschnittsmieten in allen 16 Ländern abgeleitet. Die Einordnung der Gemeinden in Mietniveaustufen wird vom BMF auf Basis der Wohngeldverordnung vorgenommen. Der Wert des Grund und Bodens wird zunächst wie bei einem unbebauten Grundstück – also aus Bodenrichtwert und Grundstücksfläche – ermittelt. Anschließend wird dieser Wert über die Restnutzungsdauer des Gebäudes mit einem Faktor abgezinst.
Die Bewertung der Nichtwohngrundstücke erfolgt einheitlich im Sachwertverfahren, da für diese Grundstücke keine Nettokaltmieten vorhanden sind. Bei dem Sachwertverfahren für die Grundsteuer handelt es sich ebenfalls um ein typisiertes Verfahren. Das heißt, es werden nicht die individuellen Herstellungs- oder Anschaffungskosten für ein Grundstück angesetzt, sondern einerseits durchschnittliche Herstellungskosten für das Gebäude abhängig von der Gebäudeart abzüglich Alterswertminderung und andererseits durchschnittliche Anschaffungskosten für den Grund und Boden durch Ansatz der Bodenrichtwerte wie bei unbebauten Grundstücken. Die Summe der Werte für das Gebäude und den Grund und Boden wird mit einer Wertzahl an die allgemeinen Wertverhältnisse am Grundstücksmarkt angepasst und ergibt den Grundsteuerwert im typisierten Sachwertverfahren.
Der jeweils typisierende Ansatz bei der Bewertung des Grundbesitzes führt zu einer erheblichen Vereinfachung des Bewertungsverfahrens und ermöglicht eine automationsunterstützte Bewertung. Da es bei dem vereinfachten, pauschalen Verfahren auch zur Ermittlung von Werten kommen kann, die sich nicht am Marktwert orientieren, hat der Steuerzahler zur Vermeidung von überhöhten Steuerzahlungen weiterhin die Möglichkeit, einen Verkehrswert von einem Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken ermitteln zu lassen. Gerade in Ländern, in denen das Flächenmodell angewendet werden soll (wie z.B. in Bayern), kann die Reform zu Ergebnissen führen, die weiterhin ungerecht sind.
Insbesondere in Ballungsgebieten besteht ein erheblicher Wohnungsmangel. Die damit verbundene Entwicklung der Werte der Grundstücke wird von Eigentümern vermehrt dazu genutzt, baureife Grundstücke als Spekulationsobjekte zu halten. Grundstücke werden teilweise nur erworben, um eine Wertsteigerung abzuwarten und sie anschließend gewinnbringend zu veräußern. Diese Spekulation mit Bauland verhindert, dass dringend benötigter Wohnraum entsteht. Das Bundeskabinett hat daher beschlossen, rechtliche Grundlagen zu schaffen, die es den Gemeinden ermöglichen, die Baulandmobilisierung durch steuerliche Maßnahmen zu verbessern. Mit dem Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung sollen Gemeinden künftig für baureife, aber unbebaute Grundstücke einen höheren Hebesatz festlegen können. Diese sogenannte Grundsteuer C verteuert damit die Spekulation und setzt finanzielle Anreize, auf baureifen Grundstücken tatsächlich Wohnraum zu schaffen.