Steuerlicher Zweck der Wertermittlung *
Der nach Bewertungsgesetz vom zuständigen Finanzamt zu ermittelnde Grundbesitzwert bildet die steuerliche Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, wie auch für die Erbschafts- und Schenkungssteuer. Dagegen ist der nach ImmoWertV ermittelte Verkehrswert der Marktwert einer Immobilie, bzw. eines bebauten oder unbebauten Grundstücks. Obwohl es nach den Vorschriften lt. Bewertungsgesetz (Grundbesitzwert) und Immobilienwertverordnung (Verkehrswert) keinen Wertunterschied geben sollte, kann die Wertermittlung eines Sachverständigen von der des Finanzamtes erheblich abweichen.
Um den Aufwand zu mindern, erfolgt die Ermittlung des Grundbesitzwertes nach pauschalisierten Bewertungsmethoden. Durch die Vereinfachung und Pauschalisierung, sowie durch „typisierte Verfahren“ ergeben sich ggf. Differenzen zwischen einem pauschal ermittelten Grundbesitzwert und einem marktgerecht ermittelten Verkehrswert. Daher entspricht nur der Verkehrs- oder Marktwert dem Gebot der Gleichbehandlung. Um Steuerzahler nicht zu benachteiligen, wurde auch nach der Reform der Erbschaftsteuer die Öffnungsklausel beibehalten, wonach ein Steuerzahler einen niedrigeren Wert nachweisen kann. Voraussetzung ist eine Verkehrswertermittlung durch einen Sachverständigen für die Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke. Der Steuerpflichtige hat die Beweislast für den Nachweis eines anderen Wertes (Verkehrswertgutachten). Das Finanzamt hat die Beweislast bei der Ablehnung eines Verkehrswertes. Bei der Beurteilung einer Wertermittlung eines Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken durch das Finanzamt ist nicht die Qualifikation eines Sachverständigen, sondern die Qualität des Gutachtens ausschlaggebend.
In diesem Zusammenhang hält die Finanzverwaltung im Gegensatz zum BFH (Urteil vom 5.12.2019) weiterhin an ihrer Auffassung fest (lt. gleich lautendem Erlass der obersten Finanzbehörde der Länder vom 2.12.2020), dass der Steuerpflichtige den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts regelmäßig auch durch ein Gutachten eines Sachverständigen, der über besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Bewertung von Grundstücken verfügt, erbringen kann. Dies können z.B. auch Personen sein, die aus verfassungs- und europarechtlichen Gründen zertifiziert worden sind. Danach ist das BFH-Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden. Auch der BFH verkennt in seinem Urteil nicht, dass auch ein Gutachten eines nicht öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen fachlich beanstandungsfrei und integer, und ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten (öbv) Sachverständigen unzureichend sein kann. Daher unterliegt auch das Gutachten öbv-Sachverständigen der freien Beweiswürdigung des Finanzamtes und ggf. der Gerichte. Soweit das Finanzamt zugunsten der Steuerpflichtigen auch andere Gutachten dem Grunde nach berücksichtigt, sind die Gerichte jedoch nicht daran gebunden. Das BFH stellt allein auf die Vertrauenswürdigkeit der vereidigten und öbv-Sachverständigen ab. Die Finanzverwaltung dagegen berücksichtigt die Gewerbefreiheit, sowie verfassungs- und europarechtliche Gründe.
Die obersten Finanzbehörden stellen eine Arbeitshilfe zur Verfügung, die eine Ermittlung des Grundbesitzwertes, wie auch eine Kaufpreisaufteilung ermöglichen soll. Bei dem typisierten Verfahren nach Bewertungsgesetz handelt es sich jedoch nur um eine „qualifizierte Schätzung“ des Finanzamtes nach Aktenlage und ohne Objektbesichtigung. Dabei finden besondere wertbestimmende Merkmale eines Grundstücks keine Berücksichtigung, wie z.B. Rechte und Belastungen, baulicher Zustand von Gebäuden, oder die zulässige bauliche Ausnutzung eines Grundstücks und dessen Qualität usw..
Vom Gutachterausschuss werden steuerliche Vergleichsfaktoren 2020 (Abl. Berlin Nr. 30) aus Vergleichspreisen für vergleichbare Grundstücke abgeleitet und hoch aggregiert veröffentlicht. Sie enthalten sowohl den Wert für den Grund und Boden als auch für die Gebäude. Sie sind jedoch nicht für eine qualifizierte Ermittlung des Verkehrswertes geeignet, da sie eine Einzelfallbetrachtung ausschließen und nur den Mittelwert in den Bezirken und Ortsteilen abbilden. Die Ermittlung der Vergleichsfaktoren erfolgt ohne Objektbesichtigung. Die Ausstattung und der bauliche Unterhaltungszustand bleiben unberücksichtigt.
* Die hier gegebenen Hinweise zum steuerlichen Zweck der Verkehrswertermittlung ersetzt nicht die steuerliche Beratung durch einen Steuerberater.