Bei Erbschaft oder Schenkung von Immobilien oder Betriebsvermögen werden auf den Wert einer Immobilie je nach Steuerklasse und persönlichen Freibeträgen Steuern erhoben. Freibeträge können innerhalb von 10 Jahren einmal in Anspruch genommen werden. Aber Wert ist nicht gleich Wert. Die Bank sieht in einem Wohnhaus eher ein Zelt, das Finanzamt (FA) auch schnell mal ein Schloss. Der Kauf oder Verkauf von Immobilien richtet sich i.d.R. nach Markt- oder Verkehrswert. Dagegen bildet für das zuständige FA der nach Bewertungsgesetz ermittelte Grundbesitzwert die steuerliche Bemessungsgrundlage.
Trotz der Verbesserungen der Ermittlungsgrundlagen seit der letzten Steuerreform 2009 bleibt die Wertermittlung durch das FA eine pauschale, typisierte Wertermittlung. Dabei finden besondere Wertumstände eines Grundstücks, wie z.B. Rechte und Lasten (wie z.B. Nießbrauch), Gebäude mit schlechtem Bauzustand (Bauschäden, Reparaturstau), übergroße Grundstücke, Nichtbauland usw. keine Berücksichtigung. Mitunter stehen einfache Einfamilienhäuser oder ertragsschwache Miethäuser auf teurem Grund und Boden, oder die zulässige bauliche Ausnutzung auf einem Grundstück ist rechtlich nicht möglich (z.B. durch Denkmalschutz). Weder das FA bei der Bewertung, noch der Gutachterausschuss in seiner Kaufpreissammlung, führen eine Außen- oder Innenbesichtigung durch. Bei der pauschalen Bewertung durch das FA bleiben Besonderheiten eines Objektes entsprechend den Vorschriften des BewG´es unberücksichtigt. Die Besonderheiten können aber den Wert eines Grundstückes erheblich mindern. Daher besteht für den Steuerpflichtigen die Möglichkeit durch Gutachten einen niedrigeren Wert nachzuweisen (Öffnungsklausel). Die Nachweislast obliegt dem Steuerzahler. Innerhalb der Fristen kann Einspruch gegen einen Bescheid des FA´es eingelegt werden.
Seit der Erbschaftsteuerreform 2009 werden im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungssteuer Immobilien nach dem Verkehrswert bemessen (Bewertungen des Grundvermögens zur Bestimmung des „gemeinen Wertes“ lt. § 177 BewG). Die Berücksichtigung von Grundstücksbelastungen ist dabei nicht vorgesehen. § 198 BewG erlaubt es dem Steuerpflichtigen aber, den Nachweis eines niedrigeren Verkehrswertes zu erbringen. So kann der niedrigere Verkehrswert auch aus der Belastung des Grundbesitzes mit einem Nutzungsrecht resultieren. Die Bewertung des Wohnrechts zum Zweck der Erbschaftssteuer erfolgt nach § 14 Bewertungsgesetz (BewG). Lt. Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichtes vom 19.9.2012, 3 K 194/12 ist der Wert des Rechtes nicht nach § 16 BewG zu begrenzen, wenn ein nach §194 BauGB ermittelter Verkehrswert vorliegt.
Ein Wohnrecht (wie auch ein Nießbrauch) mindert den Verkehrswert einer Immobile, da es einer Eigennutzung oder Vermietung im Wege steht. Folglich mindert ein Wohnrecht auch die Schenkungs-, bzw. Erbschaftssteuer. Umgekehrt stellt es aber auch einen Vermögenswert dar, der bei einem vorzeitigen unentgeltlichen Verzicht auf diese Recht die Steuerpflicht nach Paragraph 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftssteuergesetzes (ErbStG) auslöst.
Die Frage, ob ein Gutachten zu einem geringeren Wert führt, kann nur ein Sachverständiger (SV) beantworten, ggf. vorab durch eine Expertise. Die Kosten betragen oftmals nur ein Bruchteil der Steuerersparnis. Auf jeden Fall erhöht ein Gutachten die Rechtssicherheit. Welche Steuerersparnis sich unter Berücksichtigung des übrigen Vermögens ergibt, sollte nur ein Steuerberater beantworten. Steuerberater wie auch Anwälte sollten im Interesse der Steuerzahler mit Sachverständigen zusammenarbeiten. Wertermittlungen z.B. von Steuerberatern, Anwälten, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Architektenbüros usw. werden ggf. nicht anerkannt.
Anerkennung von Gutachten durch Finanzämter
Die oberste Finanzbehörde stellt im Zusammenhang mit dem Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH II R 61/11 vom 11.9.2013) klar, dass als Nachweis ein Gutachten eines „Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken“ erforderlich ist (Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011, ErbStR RB 198 Abs.3 S.1).
Ungeachtet dessen verweist z.B. der Bundesverband der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen (BVS) im Zusammenhang mit dem o.g. BFH-Urteil darauf, dass Gutachten „nur von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen“ (öbuv-SV) bei den Finanzämtern anerkannt werden. Das ist nicht sachgerecht, wenn nicht zugleich auf den o.g. Erlass der Obersten Finanzbehörde der Länder verwiesen wird. Der einseitige Verweis könnte nicht nur als unerlaubte Werbung ausgelegt werden, sondern hat auch einen gewissen „Stallgeruch“ (Eliten wollen unter sich bleiben lt. Soziologe Kollmorgen). Z.B. war die Anerkennung von Qualifikationen vieler Ostdeutschen nach der Widervereinigung politisch nicht gewollt. Auch der BVS war in diesem Sinne sehr aktiv und hat seine Praxis offensichtlich nicht geändert.
Wie das Urteil des Finanzgerichtes Berlin vom 19.7.17 (Revision zugelassen) zeigt, können Steuerpflichtige nicht sicher sein, dass nur Gutachten von öbuv-SV anerkannt werden. Offensichtlich ist in dem Fall ein Gefälligkeitsgutachten erstellt worden, von einem öbuv-SV, der zudem Mitglied im Gutachterausschuss ist. Das Gutachten war lt. Finanzgericht aus mehreren Gründen unschlüssig.
Ein Gutachten hat den Vorschriften des Baugesetzbuches (BauGB § 194) zu genügen. Es unterliegt der freien Beweiswürdigung durch das FA, das dabei auf die Qualität eines Gutachtens abzustellen hat, nicht auf den Stempel des Gutachters. Ein mängelfreies Gutachten, das der Wertermittlungsverordnung (ImmoWertV, sowie WertR usw.) entspricht, ist vom FA anzuerkennen. Ein Gutachten ist plausibel, wenn es überprüfbar und aus sich heraus verständlich ist und es keine ergänzenden Ermittlungen bedarf (lt. Urteil Finanzgericht Berlin v. 19.7.17). Das FA ist zwar frei in seiner Beweiswürdigung eines Gutachtens, kann es aber ohne Angabe von stichhaltigen Gründen nicht willkürlich ablehnen.
Das Vergleichsverfahren stellt das maßgebliche Verfahren zur Wertermittlung von Eigentumswohnungen (ETW) dar. Dabei sind mind. 7 – 8 Vergleichsobjekte real von außen zu besichtigen (lt. o.g. Urteil des Finanzgerichtes). Voraussetzung ist die Kenntnis von deren Hausnummern, ohne die lt. Finanzgericht ein Vergleichsobjekt nicht geeignet ist. Für grundstücksbezogene Auskünfte aus der Kaufpreissammlung des Gutachterausschusses Berlin sind jedoch nur SV berechtigt, die öffentlich bestellt und vereidigt (öbuv), oder zertifiziert sind. Damit werden „Sachverständige für Grundstücksbewertung“ praktisch aus der Wertermittlung ausgeschlossen. Wenn die oberste Finanzbehörde klarstellt, dass „Sachverständige für Grundstücksbewertung“ bei der Bewertung nicht ausgeschlossen werden können, dann ist auch die Praxis des Berliner Gutachterausschusses, SV z.T. auszuschließen, verfassungsrechtlich bedenklich.