Archiv der Kategorie: Typisierte Bewertung

Steuerbewertung

Kaufpreisaufteilung

Steuerrechtlich kann eine Absetzung für Abnutzungen (AfA, Abschreibungen) vorgenommen werden, wenn Gebäude zur Erzielung von Einkünften (Mieteinnahmen) genutzt werden. Abschreibung ist ein Werteverzehr, bzw. eine Substanzverringerung von Wirtschaftsgütern (WG) des Anlagevermögens. Dabei werden z.B. Anschaffungs- und Herstellungskosten periodisch verteilt. Abschreibungen mindern die zu versteuernden Einkünfte und damit die Einkommenssteuern. Bemessungsgrundlage für lineare oder degressive Abschreibung nach § 7 Absatz 4 bis 5a Einkommensteuergesetz sind Gebäudekosten (Gebäudeabschreibung nach EStG).
Zu den Gebäude- bzw. Anschaffungskosten zählen auch die Anschaffungsnebenkosten, wie Makler- und Notarkosten usw.. Diese sind nicht im Kaufpreis bzw. im Verkehrswert enthalten.
Im Gegensatz zu den Gebäudeabschreibungen, sowie den anschaffungsnahen Herstellungskosten, die über die Nutzungsdauer des Gebäudes, bzw. über die Laufzeit abgeschrieben werden, können Erhaltungsaufwendungen sofort als Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden. Abgeschrieben werden nur Gebäude, da sich diese im Gegensatz zu Grund und Boden über ihre Nutzungsdauer abnutzen.
Wird eine Immobilie (Gebäude mit Grund und Boden) erworben, so ist der Kaufpreis anteilig auf den Gebäude- und Bodenwert aufzuteilen (Kaufpreisaufteilung). Eine vertragliche Kaufpreisaufteilung von Grundstück und Gebäude ist zugrunde zu legen, sofern sie nicht nur zum Schein oder missbräuchlich getroffen wurde (BFH Urteil vom 16.9.2015, IX R 12/14, BStBl II 2016, 397). Hierbei ist bei Mietwohngrundstücken im Privatvermögen das Sachwertverfahren anzuwenden (BFH Urteil vom 29.5.2008, IX R 36/06, BFH/NV 2008, 1668). Lediglich bei zu Büro- oder anderen gewerblichen Zwecken vermieteten Grundstücken (sog. Geschäftsgrundstücke) ist vorrangig das Ertragswertverfahren anzuwenden (BFH Urteil vom 2.2.1990, III R 173/86, BFHE 159, 505, BStBl II 1990, 497; BFH Beschluss vom 24.2.1999, IV B 73/98, BFH/NV 1999, 1201, sowie auch BFH Urteil vom 25.5.2005 (IX R 46/04, BFH/NV 2006, 261).
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist ein Gesamtkaufpreis für ein bebautes Grundstück nicht nach der sogenannten Restwertmethode, sondern nach dem Verhältnis der Verkehrswerte oder Teilwerte auf den Grund und Boden einerseits sowie das Gebäude andererseits aufzuteilen (BFH-Urteil vom 10. Oktober 2000 IX R 86/97, BStBl II 2001, 183). Die Restwertmethode, bei der der Bodenwert ermittelt und vom Gesamtkaufpreis abgezogen wird, steht nach Auffassung des BFH dem Grundsatz der Einzelbewertung entgegen, da der so ermittelte Gebäudewertanteil in keinem Verhältnis zum Sachwert eines bebauten Grundstücks steht. Auf eine Marktanpassung des (vorläufigen) Sachwertes könne nach Rechtsprechung bei der Kaufpreisaufteilung verzichtet werden, da sich die Anpassung im gleichen Verhältnis auf den Boden- und Gebäudewert auswirkt. Da ohne Marktanpassung diese Werte jedoch nicht den Verkehrs- bzw. Marktwert darstellen, ist diese Herangehensweise nicht plausibel.
Die obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern stellen eine Arbeitshilfe und eine Anleitung zur Verfügung (BFM mit Stand von 2019), die es ermöglichen soll, die Plausibilität einer Kaufpreisaufteilung zu prüfen. In einer nicht transparenten Exceltabelle wird die Kaufpreisaufteilung ermittelt. Dabei sollen die typisierten Herstellungskosten (THK) auf der Grundlage der Normalherstellungskosten (NHK 2010, Bundesmittelwerte), sowie der Sachwertrichtlinie (SW-RL 2012) ermittelt werden. Bei diesem typisierten Verfahren handelt es sich um eine „qualifizierte Schätzung“, die durch eine Verkehrswertermittlung eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken nach Baugesetzbuch (BauGB) und Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) widerlegbar ist.
Entsprechend der o.g. Arbeitshilfe wird vom zuständigen Finanzamt das Verhältnis der Einzelwerte (Gebäude + Boden) aus dem Sachwert auf den Kaufpreis übertragen. Diese o.g. Arbeitshilfe weist erhebliche Schwachstellen auf. Z.B. werden bei der Bodenwertermittlung vom FA keine wertbeeinflussenden Merkmale (z.B. bauliche Auslastung) berücksichtigt. Insbesondere in Gebieten mit sehr hohem Bodenwertniveau stehen Boden- und Gebäudewert im Sachwertverfahren in keinem angemessenen Verhältnis mehr zueinander.
Weichen die im Sachwertverfahren ermittelten Werte wesentlich von denen im Ertragswertverfahren, oder von denen vom Finanzamt ermittelten Werte ab, ist die Angemessenheit zu prüfen, bzw. kann durch ein Sachverständigengutachten widerlegt werden.
Eine weitere Schwachstelle ist, dass das Finanzamt keine Marktanpassung vornimmt. Dagegen hat ein Sachverständiger für Immobilienwertermittlung die Möglichkeit den marktangepassten Gebäudewert nach Sach- oder Ertragswertverfahren zu ermitteln. Eine Verkehrswertermittlung nach ImmoWertV kann von der Schätzung durch das Finanzamt (FA) abweichen. Nach Vorlage eines Sachverständigengutachtens liegt die Beweislast beim Finanzamt.
Die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung kann sich erhöhen durch Nachträgliche Anschaffungskosten (Kosten wie vor, die im folgenden Jahr oder später anfallen und der endgültigen Fertigstellung des Gebäudes dienen oder die im Rahmen eines Anbaus oder einer Aufstockung entstehen). Als Anschaffungsnaher Herstellungsaufwand gilt ein Reparatur- und Modernisierungsaufwand in den ersten 3 Jahren nach Anschaffung, sofern dieser zur Verbesserung des Nutzungswertes des Gebäudes beiträgt und 15% der Anschaffungskosten übersteigt.
Bei einer Einlage aus dem Privatvermögen in ein Betriebsvermögen tritt an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Einlagewert (§ 6 Absatz 1 Nummer 5 Satz 1 EStG). Einlagewert ist grundsätzlich der Teilwert (§ 6 Absatz 1 Nummer 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG).
Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung aus wirtschaftlichen Gründen können als Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abgezogen werden, wenn sich nach der Kündigung des Mietverhältnisses herausstellt, dass das auf die Bedürfnisse des Mieters ausgerichtete Gebäude nicht mehr oder nur noch eingeschränkt nutzbar ist und auch durch eine (nicht steuerbare) Veräußerung nicht mehr sinnvoll verwendet werden kann (BFH Urteil vom 17.9.2008, IX R 64/07).

Typisierte Bewertung des Grundvermögens

Folgender Artikel wurde u.a. veröffentlicht in den Verbandsnachrichten Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg 2/2008 S.16:

Die pauschalisierte Ermittlung des Grundbesitzwertes nach Bewertungsgesetz (BewG, Erbschaftssteuerreform vom 24.12.2008) ist nicht gleichzusetzen mit einer qualifizierten Ermittlung des Verkehrswertes nach BauGB. Verkehrs- und Grundbesitzwert unterscheiden sich hinsichtlich der Wertermittlungsmethodik und ggf. auch hinsichtlich des Wertes als Grundlage für die Berechnung der Erbschaftssteuer. Die vom Gutachterausschuss festgestellten, mitunter großen Streuungsbreiten in einem Teilmarkt können mit der pauschalen Bewertung nach BewG nicht eingegrenzt werden.
In Berlin wurden vom Gutachterausschuss steuerliche Vergleichsfaktoren für Ein- und Zweifamilienhäuser veröffentlicht (Abl. Bln Nr.40 v.8/2009, gem. §183 Abs.2 BewG v. 12/2008). Im Rahmen der steuerlichen Bewertung werden Anpassungs- bzw. Korrektur- Faktoren auf den Wert eines durchschnittlichen Einfamilienhauses für ganz Berlin angewendet. Das durchschnittliche EFH (freistehend, Baujahr 2000, mittlere Lage, BGF 235 m², BRW 175,- €/m² und Grundstücksfläche 530 m²) hat einen Wert von 229.015,- €. Die Anpassungsfaktoren berücksichtigen folgende Korrekturfaktoren: Einzelhaus, Bauzustand, Baujahr, Grundstücksgröße und Wohnlage. Unberücksichtigt bleiben dabei z.B. Belastungen (z.B. Belastungen, wie Nießbrauchrechte lt. Abt. II Grundbuch). Auch eine Anpassung der Bodenrichtwerte nach Geschossflächenzahl wird nicht vorgenommen.

Das durchschnittliche Preisniveau lt. Berliner Grundstücksmarktbericht schwankt erheblich. Die vom Finanzamt verwendeten Anpassungsfaktoren sind nur ungenügend geeignet, um die großen Schwankungen des Grundstücksmarktberichtes annähernd einzugrenzen.
Die pauschale Bedarfsbewertung nach BewG bleibt dem Finanzamt vorbehalten. Dabei ergeben sich erhebliche Defizite bei der Erfassung wertrelevanter Eigenschaften mangels Innenbesichtigung. Ein niedrigerer gemeiner Wert ist als Bemessungsgrundlage anzusetzen, wenn nachgewiesen wird, dass der Verkehrswert für das unbebaute, bzw. bebaute Grundstück niedriger ist, als der pauschal nach BewG ermittelte Grundbesitzwert (Öffnungsklausel). Der Steuerpflichtige trägt gemäß BewG die Nachweislast für den niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks. Der Nachweis kann durch Gutachten eines Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken geführt werden (BFH- Urteil vom 10.11.2004). Das Finanzamt hat bei der Regelüberprüfung nicht auf die Qualifikation des Sachverständigen, sondern allein auf die Qualität des Gutachtens abzustellen. Ein niedrigerer Verkehrswert nach den Wertverhältnissen zum Besteuerungszeitpunkt ist demnach auch als Bemessungsgrundlage für steuerliche Zwecke anzuerkennen, wenn das Gutachten den Vorschriften der ImmoWertV, sowie der WertR entspricht.

Fazit: Auch nach der Erbschaftsteuerreform ist ein Gutachten eines Sachverständigen zu empfehlen, da die typisierte Bewertung durch das Finanzamt die Rechtssicherheit einschränkt. Wird in einem Gutachten ein geringerer Wert nachgewiesen, liegen die Kosten des Gutachtens meist weit unter der mit Gutachten erreichten Steuerersparnis. In jedem Fall erhöht sich die Rechtssicherheit, da es Zweifel beseitigt, zu hoch besteuert zu werden. Die Frage, ob der Verkehrswert unter dem vom Finanzamt pauschal ermittelten Grundbesitzwert liegt, kann kein Steuerberater oder Anwalt, sondern nur ein Sachverständiger für Grundstücksbewertung beantworten.
Weitere Informationen:
Pösel, Sachverständiger für die Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke,
Tel.: 030- 31165622, Mail: info@poesel.com